So gelingt die Zusammenarbeit mit Schulen: Pflegekinder im Bildungssystem stärken

Ein Vater und eine Lehrerin unterhalten sich freundlich an einem Schulpult, während ein lächelndes Kind mit Rucksack zwischen ihnen steht

Pflegekinder bringen oft herausfordernde Startbedingungen mit – auch in der Schule. Sie haben häufig Brüche in ihrer Bildungsbiografie erlebt, kämpfen mit Konzentrationsproblemen, Ängsten oder mangelndem Selbstwertgefühl. Gleichzeitig treffen sie in Schulen auf ein System, das für durchschnittliche Lebensläufe gemacht ist. Damit Pflegekinder im Bildungssystem nicht zurückbleiben, braucht es eine enge und konstruktive Zusammenarbeit zwischen Pflegeeltern, Lehrern und Schulsozialarbeit.

Als Jugendhilfeträger erleben wir täglich, wie wichtig dieser Austausch ist – und wie er gelingen kann. In diesem Beitrag geben wir praxisnahe Tipps, wie Pflegeeltern das Schulsystem aktiv mitgestalten können und welche Haltung dabei besonders hilfreich ist.

Verständnis für die schulische Situation von Pflegekindern entwickeln

Pflegekinder starten oft mit einem Nachteil ins Schulleben. Viele haben bereits mehrere Schulwechsel hinter sich, bringen wenig Vertrauen in Erwachsene mit oder haben traumatische Erfahrungen verarbeitet, die ihre Konzentrations- und Lernfähigkeit beeinflussen. Fehlzeiten, auffälliges Verhalten oder Rückzug im Unterricht sind keine Seltenheit. Diese Signale werden jedoch häufig missverstanden – als Desinteresse oder mangelnde Erziehung.

Pflegeeltern können hier wichtige Übersetzer sein: Indem sie Lehrern die Lebensrealität des Kindes (so weit wie möglich) erläutern, schaffen sie Verständnis für bestimmte Verhaltensweisen. Wichtig ist eine Balance: Es geht nicht darum, das Kind zu „entschuldigen“, sondern darum, Rahmenbedingungen für einen erfolgreichen Schulbesuch zu schaffen. Das beginnt bei Offenheit und endet bei konkreten Absprachen zur Unterstützung.

Gespräche mit Lehrern konstruktiv führen

Elterngespräche sind der Schlüssel für eine gelingende Schulbegleitung. Gerade bei Pflegekindern lohnt es sich, frühzeitig und regelmäßig das Gespräch mit der Klassenleitung oder Fachlehrern zu suchen. Der Ton macht hier die Musik: Wer respektvoll, klar und lösungsorientiert auftritt, wird häufiger auf offene Ohren stoßen.

Wichtige Hinweise für ein gutes Gespräch:

  • Vor dem Gespräch überlegen, was konkret angesprochen werden soll.
  • Bei Schwierigkeiten nicht nur Probleme schildern, sondern auch Stärken des Kindes betonen.
  • Nachfragen, wie Lehrer die Situation einschätzen – gemeinsame Wahrnehmung ist die Basis.
  • Wenn nötig, Fachkräfte aus dem Jugendamt oder aus der Jugendhilfe dazuholen.

Ein Gesprächsprotokoll hilft, Vereinbarungen schriftlich festzuhalten und Missverständnissen vorzubeugen.

Schulsozialarbeit als Partner sehen

In vielen Schulen gibt es Schulsozialarbeit – ein oft unterschätzter, aber enorm wichtiger Ansprechpartner. Schulsozialarbeiter haben die Aufgabe, Kinder in schwierigen Situationen zu begleiten und Brücken zwischen Schule, Familie und Jugendhilfe zu bauen. Gerade bei Pflegekindern kann das eine enorme Entlastung sein.

Pflegeeltern sollten möglichst früh den Kontakt zur Schulsozialarbeit suchen, ihre Rolle erklären und die Bereitschaft zur Zusammenarbeit signalisieren. Schulsozialarbeiter können Krisengespräche moderieren, bei Mobbing eingreifen oder das Kind im Alltag stärken. Viele Kinder bauen dort schneller Vertrauen auf als zu Lehrkräften.

Regelmäßiger Austausch, kurze Rückmeldungen zum Schulverhalten oder gemeinsame Gespräche mit Lehrern – all das schafft Verlässlichkeit für das Kind und verbessert die schulische Integration.

Umgang mit auffälligem Verhalten und Missverständnissen

Pflegekinder zeigen im Schulalltag häufiger Verhaltensweisen, die herausfordernd wirken: Impulsivität, Rückzug, Wutanfälle, Konzentrationsprobleme. Diese Reaktionen haben oft mit ihrer Biografie zu tun – etwa mit Bindungsstörungen oder unverarbeiteten Erlebnissen. Lehrer interpretieren das Verhalten jedoch manchmal als Provokation oder mangelnden Willen.

Hier ist es Aufgabe der Pflegeeltern, das Kind nicht zu rechtfertigen, sondern zu erklären: „Mein Kind reagiert manchmal so, weil…“ Diese Informationen helfen, den Blickwinkel zu weiten und reagieren zu lernen statt zu bewerten. Auch eine traumasensible Haltung der Schule kann sich positiv auswirken.

Empfehlenswert ist, eine Art „Info-Steckbrief“ zu erstellen: Was hilft dem Kind in Stresssituationen? Welche Strukturen braucht es? Wo zeigen sich besondere Stärken? Diese Hinweise können gemeinsam mit dem Kind (je nach Alter) und den Lehrern erarbeitet werden.

Diagnostik und Nachteilsausgleich prüfen

Viele Pflegekinder haben Anspruch auf besondere Unterstützung im Schulalltag – etwa durch Nachteilsausgleich oder individuelle Förderpläne. Voraussetzung ist eine genaue Diagnostik, z. B. durch Schulpsychologen, Fachärzte oder sozialpädiatrische Zentren.

Pflegeeltern sollten sich frühzeitig mit dem Jugendamt und der Schule abstimmen, ob eine Überprüfung sinnvoll ist. Wird z. B. eine Teilleistungsstörung (wie Lese-Rechtschreib-Schwäche) oder ein Förderbedarf festgestellt, können zusätzliche Maßnahmen beantragt werden: längere Prüfungszeiten, spezielle Förderstunden oder ein Schulbegleiter.

Wichtig: Alle Anträge sollten gut dokumentiert und begründet sein. Hier helfen auch Fachkräfte aus der Jugendhilfe.

Bildungswege offen denken – nicht nur Noten zählen

Nicht jedes Pflegekind wird ein Abitur machen – aber jedes Kind kann seine Stärken entfalten, wenn es passende Bildungswege bekommt. Pflegeeltern sollten sich nicht an gesellschaftlichen Erwartungen messen lassen, sondern gemeinsam mit dem Kind realistische Ziele entwickeln. Praktisches Lernen, kreative Angebote, handwerkliche Projekte – all das kann Selbstwert aufbauen und Entwicklung fördern.

Lehrer sind oft dankbar, wenn Pflegeeltern realistisch und zugleich ermutigend auftreten. Eine Haltung nach dem Motto: „Was kann mein Kind gut – und wie bauen wir darauf auf?“ bringt mehr als der Blick auf Defizite. Schulischer Erfolg beginnt im Kopf – mit der Überzeugung, dass jedes Kind Potenzial hat.

Übergänge begleiten: Schulwechsel, Prüfungen, Abschlüsse

Pflegekinder reagieren sensibel auf Übergänge: Der Wechsel von der Grundschule zur weiterführenden Schule, Prüfungsphasen oder Abschlussjahre sind mit erhöhtem Stress verbunden. Hier brauchen sie besonders viel Struktur, Zuspruch und Vorbereitung.

Pflegeeltern können in dieser Phase viel Sicherheit geben: durch Gespräche, klare Tagesabläufe, Entlastung im Alltag und das Einbinden von Fachkräften. Auch der Austausch mit ehemaligen Lehrern oder die Vorstellung an der neuen Schule im Vorfeld können helfen, Ängste zu reduzieren.

Abschlüsse müssen nicht perfekt sein – wichtig ist, dass das Kind stolz auf sich sein kann. Kleine Erfolge sichtbar machen, Rückschritte normalisieren und Perspektiven aufzeigen – das stärkt das Selbstbild nachhaltig.

Selbstfürsorge der Pflegeeltern nicht vergessen

Die schulische Begleitung eines Pflegekindes ist anspruchsvoll. Pflegeeltern investieren viel Zeit, Energie und emotionale Kraft. Umso wichtiger ist es, die eigenen Ressourcen im Blick zu behalten: Austausch mit anderen Pflegeeltern, Supervision, Gesprächsangebote oder schlicht regelmäßige Pausen helfen, langfristig stark zu bleiben.

Auch Lehrer schätzen es, wenn Pflegeeltern authentisch über Belastung sprechen – das schafft Vertrauen und Verständnis. Niemand muss perfekt sein. Aber wer für sich sorgt, sorgt auch besser für sein Kind.

Selbstfürsorge bedeutet auch, sich eigene Grenzen einzugestehen. Nicht jede schulische Krise lässt sich lösen, nicht jeder Lehrer wird ein Partner auf Augenhöhe. In solchen Fällen hilft es, Frustration nicht ins Kind zu übertragen, sondern aktiv nach Entlastung zu suchen – etwa durch das Jugendamt, Beratungsstellen oder vertraute Bezugspersonen. Auch einfache Alltagsroutinen wie feste Auszeiten, Hobbys oder Spaziergänge können helfen, emotional ausgeglichen zu bleiben.

Zusätzlich empfehlen wir, die Rolle als Pflegeeltern auch im Schulkontext bewusst zu reflektieren: Was kann ich leisten – und was nicht? Wo endet meine Verantwortung, und wo beginnt die des Systems? Diese Haltung schützt vor Überforderung und trägt dazu bei, die Beziehung zum Kind stabil und stärkend zu gestalten.

Schule als Teil eines stabilen Netzwerks begreifen

Damit Pflegekinder in der Schule gut begleitet werden können, braucht es ein stabiles Netzwerk. Schule ist ein wichtiger Baustein – aber nicht der einzige. Auch Erziehungsbeistände, therapeutische Angebote, Freizeitprojekte oder Verwandte können unterstützend wirken. Pflegeeltern sollten dieses Netzwerk aktiv mitgestalten: Wer steht uns zur Seite? Wer kann bei Problemen mitdenken oder kurzfristig helfen?

Ein gutes Netzwerk entlastet – und es erhöht die Stabilität für das Kind. Wenn Schule, Jugendhilfe und Familie zusammenarbeiten, entsteht ein Dreieck der Verantwortung, das das Kind auffängt. Dabei ist es wichtig, dass Informationen fließen – transparent, datensensibel und immer mit Blick auf das Kindeswohl. Regelmäßige Austauschrunden, kurze Statusmeldungen oder gemeinsame Zielvereinbarungen können hier hilfreich sein.

Die Rolle der Schule wird oft unterschätzt: Sie ist für Kinder ein Ort, an dem sie nicht nur lernen, sondern auch Beziehungen erleben, Selbstwirksamkeit erfahren und Orientierung bekommen. Umso wichtiger ist es, dass Schule sich als Partner versteht – und Pflegeeltern dies durch Offenheit, Gesprächsbereitschaft und Mitwirkung ermöglichen.

Die schulische Begleitung eines Pflegekindes ist anspruchsvoll. Pflegeeltern investieren viel Zeit, Energie und emotionale Kraft. Umso wichtiger ist es, die eigenen Ressourcen im Blick zu behalten: Austausch mit anderen Pflegeeltern, Supervision, Gesprächsangebote oder schlicht regelmäßige Pausen helfen, langfristig stark zu bleiben.

Auch Lehrer schätzen es, wenn Pflegeeltern authentisch über Belastung sprechen – das schafft Vertrauen und Verständnis. Niemand muss perfekt sein. Aber wer für sich sorgt, sorgt auch besser für sein Kind.

Fazit: Bildung braucht Beziehung

Pflegekinder können im Bildungssystem erfolgreich sein – wenn sie Menschen an ihrer Seite haben, die mitdenken, mitfühlen und mitgestalten. Eine gute Zusammenarbeit zwischen Eltern, Schule und Jugendhilfe ist der Schlüssel dafür.

Als Jugendhilfeträger begleiten wir diesen Weg – mit Erfahrung, Fachwissen und dem Ziel, jedem Kind faire Bildungschancen zu ermöglichen.

Die nächsten Schritte

Wenn wir Ihr Interesse geweckt haben und Sie sich vorstellen können, einem Pflegekind ein neues zuhause zu geben,
nehmen Sie Kontakt mit uns auf. Schreiben Sie uns eine E-Mail: bewerbung@lebensraeume-fh.de
Danach vereinbaren wir einen unverbindlichen Telefontermin. Hier stehen wir Ihnen für alle individuellen Fragen zur Verfügung.

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