Rechtliche Grundlagen: Vormundschaft, Sorgerecht & Pflegegeld verständlich erklärt

Vormundschaft, Sorgerecht & Pflegegeld verständlich erklärt

Pflegeeltern tragen eine große Verantwortung – nicht nur emotional, sondern auch rechtlich. Wer ein Pflegekind aufnimmt, wird Teil eines gesetzlichen Rahmens, der Rechte und Pflichten klar regelt. Dabei stoßen neue Pflegeeltern häufig auf Begriffe wie Vormundschaft, Sorgerecht, Pflegeerlaubnis oder Pflegegeld – und sind zunächst verunsichert. Was bedeutet das alles? Wer darf was entscheiden? Und wie funktioniert die rechtliche Zusammenarbeit mit Jugendamt, Vormund oder leiblichen Eltern?
In diesem Beitrag geben wir als erfahrener Jugendhilfe-Träger einen verständlichen Überblick über die wichtigsten rechtlichen Grundlagen im Pflegeverhältnis.

Pflegeeltern sind keine rechtlichen Eltern

Zunächst ist wichtig zu verstehen: Pflegeeltern nehmen zwar die Erziehungsverantwortung für das Kind im Alltag wahr – sie werden aber nicht automatisch zu gesetzlichen Vertretern des Kindes. Rechtlich bleibt die Verantwortung bei den leiblichen Eltern oder – wenn deren Sorgerecht entzogen wurde – bei einem gerichtlich bestellten Vormund oder Pfleger.
Pflegeeltern handeln im sogenannten „tatsächlichen Aufenthalt“ des Kindes. Das heißt: Sie treffen alltägliche Entscheidungen, etwa bei Kleidung, Ernährung, Freizeit oder Schulwegen. Für grundsätzliche Entscheidungen (z. B. Operationen, Schulwechsel, Wohnortwechsel) ist die Zustimmung des Sorgeberechtigten erforderlich.

Vormundschaft: Wer trifft die wichtigen Entscheidungen?

Wenn leiblichen Eltern das Sorgerecht ganz oder teilweise entzogen wurde, bestellt das Familiengericht einen Vormund. Dieser kann eine Einzelperson sein (z. B. eine ehrenamtliche Vormundin, ein Verwandter) oder ein Mitarbeiter eines Jugendhilfeträgers oder Jugendamts.
Der Vormund übernimmt alle Aufgaben, die mit der elterlichen Sorge verbunden sind – also u. a.:
• rechtliche Vertretung gegenüber Behörden, Ärzten und Gerichten,
• Zustimmung bei medizinischen Eingriffen,
• Beantragung von Leistungen (z. B. Kindergeld, Eingliederungshilfen),
• Entscheidung über Schulwahl, therapeutische Maßnahmen oder Umgangskontakte.
Pflegeeltern stehen in engem Austausch mit dem Vormund. Idealerweise ist die Zusammenarbeit partnerschaftlich, transparent und im Sinne des Kindes. Der Vormund hat eine Kontroll- und Unterstützungsfunktion. 

Sorgerecht: Teilweise oder vollständige Übertragung möglich

In einigen Fällen verbleiben Teile des Sorgerechts bei den leiblichen Eltern. Dann spricht man von einer sogenannten „Teilentziehung“. Beispielsweise kann das Aufenthaltsbestimmungsrecht oder das Recht zur Gesundheitsfürsorge auf einen Vormund übertragen werden, während die Eltern bei anderen Entscheidungen weiter einbezogen sind.
In anderen Fällen behalten Eltern das komplette Sorgerecht, während das Kind trotzdem in einer Pflegefamilie lebt – etwa bei freiwilligen Hilfen oder vorübergehender Inobhutnahme. Hier ist besonders wichtig, Vereinbarungen und Zuständigkeiten im Hilfeplanprozess klar festzuhalten.

Was dürfen Pflegeeltern selbst entscheiden?

Pflegeeltern haben das Recht – und die Pflicht – zur Alltagserziehung (§ 1688 BGB). Das bedeutet, sie dürfen in allen Fragen des täglichen Lebens entscheiden, ohne für jede Kleinigkeit den Vormund oder die Eltern fragen zu müssen. Dazu gehören z. B.:
• Auswahl von Kleidung, Freizeitaktivitäten, Hobbys,
• Regeln im Haushalt,
• Schulweg und Hausaufgabenbetreuung,
• Kontakte mit Freunden oder Nachbarn.
Wichtige Entscheidungen wie Operationen, das Einverständnis zu Psychotherapie oder Reisen ins Ausland dürfen Pflegeeltern jedoch nicht eigenständig treffen. Hier ist immer die Zustimmung des Sorgeberechtigten notwendig.

Pflegeerlaubnis: Wann braucht man sie?

Wer ein Kind über längere Zeit oder regelmäßig im Rahmen einer Hilfe zur Erziehung aufnimmt, benötigt eine Pflegeerlaubnis nach § 44 SGB VIII. Diese wird vom Jugendamt erteilt und setzt u. a. voraus:
• persönliche Eignung und Zuverlässigkeit,
• Teilnahme an Qualifizierung und Vorbereitungskursen,
• Vorlage eines erweiterten Führungszeugnisses,
• Zustimmung zur Mitwirkung an Hilfeplanverfahren und Zusammenarbeit mit Fachkräften.
Die Pflegeerlaubnis ist eine rechtliche Absicherung und dient dem Schutz des Kindes. Sie unterscheidet Pflegeverhältnisse im Rahmen der Jugendhilfe von gelegentlicher Betreuung im Bekanntenkreis.

Pflegegeld: Was Pflegeeltern erhalten

Pflegeeltern erhalten für die Betreuung eines Pflegekindes Pflegegeld nach § 39 SGB VIII. Es umfasst:
• den monatlichen Sachaufwand (z. B. für Kleidung, Ernährung, Freizeit),
• einen Erziehungsbeitrag als Anerkennung für die erzieherische Leistung,
• ggf. Zuschläge für besonderen Förderbedarf (z. B. bei Behinderungen oder Therapiebedarf).
Die genaue Höhe des Pflegegelds variiert je nach Bundesland. In der Regel liegt es (Stand 2024) zwischen ca. 900 und 1.200 Euro monatlich. Das Pflegegeld ist steuerfrei, aber kein Einkommen im klassischen Sinne.
Wichtig: Das Pflegegeld deckt keine Kosten für Investitionen oder Wohnungserweiterungen ab. Es handelt sich um eine pauschale Leistung, nicht um eine Vollkostenerstattung.

Zusammenarbeit mit Jugendamt und Träger

Pflegeeltern sind Teil eines Hilfeprozesses. Sie arbeiten eng mit dem Jugendamt, dem zuständigen Träger und ggf. mit therapeutischen oder pädagogischen Fachkräften zusammen. Diese Zusammenarbeit ist rechtlich über den Hilfeplanprozess (§ 36 SGB VIII) geregelt. Dort werden:
• die Ziele der Hilfe definiert,
• Zuständigkeiten geklärt,
• Umgänge und Kontakte abgestimmt,
• Unterstützungsmaßnahmen beschlossen.
Pflegeeltern haben ein Recht auf Mitsprache und sind wichtige Experten für den Alltag des Kindes. Gleichzeitig unterliegen sie einer gewissen Kontrolle – etwa durch Hausbesuche, Rückmeldungen und Berichte.

Umgangsrecht der leiblichen Eltern

Auch wenn ein Kind in einer Pflegefamilie lebt, behalten die leiblichen Eltern grundsätzlich ein Recht auf Umgang (§ 1684 BGB). Dieser kann jedoch eingeschränkt oder ausgesetzt werden, wenn er dem Wohl des Kindes widerspricht.
In der Praxis bedeutet das: Besuchskontakte werden individuell geregelt – in Abstimmung mit Jugendamt, Vormund und ggf. Familiengericht. Pflegeeltern begleiten diese Kontakte in der Regel nicht allein, sondern in Zusammenarbeit mit Fachkräften. Als Träger bieten wir z. B. begleitete Umgänge, Reflexionsgespräche und Beratung rund um die Besuchskontakte an.

Rechte und Schutz für Pflegeeltern

Auch Pflegeeltern selbst haben Rechte – etwa auf Information, Unterstützung, Beratung und Schutz vor Überforderung. Wer ein Pflegekind aufnimmt, darf erwarten:
• regelmäßige Fachberatung und Begleitung,
• Zugang zu Fortbildungen,
• klare Absprachen im Hilfeplan,
• Schutz vor falschen Erwartungen oder alleiniger Verantwortung.
Falls es zu Problemen oder Krisen kommt, haben Pflegeeltern Anspruch auf Hilfe. Das kann z. B. eine Familienberatung, Supervision, Krisenintervention oder auch die Unterstützung bei Beendigungen des Pflegeverhältnisses sein.

Fazit: Pflegeelternschaft braucht rechtliche Klarheit

Pflegefamilien übernehmen eine bedeutsame gesellschaftliche Aufgabe. Damit sie diese gut erfüllen können, braucht es nicht nur Herz und Verstand – sondern auch rechtliche Sicherheit. Wer die Grundlagen von Sorgerecht, Vormundschaft und Pflegegeld kennt, kann souveräner handeln, besser kooperieren und sich gezielter unterstützen lassen.
Als Jugendhilfe-Träger stehen wir Pflegeeltern zur Seite – mit rechtlicher Orientierung, fachlicher Beratung und praxisnaher Begleitung.

Die nächste Schritte

Wenn wir Ihr Interesse geweckt haben und Sie sich vorstellen können, einem Pflegekind ein neues zuhause zu geben,
nehmen Sie Kontakt mit uns auf. Schreiben Sie uns eine E-Mail: bewerbung@lebensraeume-fh.de
Danach vereinbaren wir einen unverbindlichen Telefontermin. Hier stehen wir Ihnen für alle individuellen Fragen zur Verfügung.